Samstag, 7. Februar 2009

Warum ich mir heute einen Strauß Rosen kaufe


Jubiläen muss man feiern wie sie fallen. Heute vor 22 Jahren ist mein erster Artikel in einer Zeitung erschienen. Und heute vor 82 Jahren ist Juliette Gréco in Montpellier geboren. Beides hängt untrennbar zusammen - na ja,  jedenfalls für mich. Denn in meinem ersten Artikel portraitierte ich die legendäre Chansonsängerin zum damals 60. Geburtstag. Noch gut erinnere ich mich, wie ich im Feuilleton der Nürnberger Zeitung am Katzentisch Platz nahm, während sich die zuständige Redakteurin kritisch über den Artikel beugte. Schon am Telefon hatte ich meine Kompetenzen auszubreiten versucht und war nicht wenig aufgeregt. 


Mit 16 Jahren fuhr ich mutterseelenallein in einen Schweizer Kurort, weil Juliette Gréco dort ein Gastspiel gab  - wer wäre da schon mitgefahren? - nach der Vorstellung trug ich eine langstielige Rose nach vorne, im Französisch-Leistungskurs brachte ich meinen Mitschülern mit inbrünstig gehaltenen Referaten die Bedeutung der Sängerin nahe. Sogar meine Facharbeit widmete ich ihr. Auf Französisch! Vorangestellt war dem mit Fußnoten gespickten Werk ein auf Deutsch verfasstes Poem, das - oh ich schäme mich heute - so endet: „.. mit Händen, die wirbeln Akkorde ins Abseits ihrer Lider, ihrer Lieder, die blitzen mir entgegen wie geschälte Zwiebeln.“ 

Der Größenwahn nahm kein Ende! Mein Vater bestand darauf, die Facharbeit Juliette Grécos Manager zu schicken. Noch heute ist mein Vater wütend, dass der arrogante Kerl nie geantwortet hat. Aber all das erzählte ich der Redakteurin lieber nicht. Sie befand den Artikel trotzdem für passabel und druckte ihn ab. Ich wurde freier Mitarbeiter der Zeitung, schrieb immer mehr, über Kino, Theater, Literatur und immer wieder auch über Juliette Gréco. Zum 65., zum 70., zum 75... Auch für andere Zeitungen und Zeitschriften. Doch langsam waren auch die begeisterungsfähigsten Redakteure ermüdet: „Wir können nicht alle 5 Jahre ein Portrait von der Dame ist Blatt nehmen!" 


Juliette Gréco lebt nicht nur, sie singt auch noch. Fast jedes Jahr in Berlin. Ich sitze in der ersten Reihe, denn es könnte ihr letzter Auftritt sein. Und die Redakteurin von damals, die eine der ersten war, die mir das Gefühl gegeben hat, den Weg des Journalismus zu beschreiten, wäre so falsch nicht – sie ist gerade in der Hauptstadt auf der Berlinale und bloggt auch. Wir werden am Montag zusammen essen gehen.

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