Donnerstag, 12. Februar 2009

Ich stehe in einer Schlange und es ist wunderbar!

Wenn mir jemand erzählt hätte, dass ich einmal eine 784 Seiten dicke Biografie über dieses englische Upperclass-Mädchen eines abgewirtschafteten Gesellschaftssystems lesen würde, ich hätte ihm glatt den Vogel gezeigt. Nun lese ich einen solchen Wälzer tatsächlich und mit dem größten Vergnügen. Die Biografie ist sorgfältig recherchiert und mit einer wahren Festung an Fußnoten abgesichert. Vor allem aber von einnehmender Bösartigkeit. Auf den Seiten prasseln die giftigen Bonmots nur so nieder. Gleich im ersten Kapitel erinnert sich die Autorin an ein Zusammentreffen im Juni 1997:

„Man hatte bei ihr den Eindruck, alles wäre in die Länge gezogen und handkoloriert worden. Die hochgewachsene englische Rose mit den zarten Wangen, die ich zum ersten Mal 1981 in der amerikanischen Botschaft als Frischvermählte getroffen hatte, schillerte wie eine Cartoonfigur. Als sie auf ihren Acht-Zentimeter-Stöckeln den Hauptspeisesaal des Four Seasons durchquerte, wirkte sie unter der hohen Decke wie eine überdimensionierte Barbarella. Ihr Chanel-Kostüm war in leuchtendem Mintgrün gehalten und die Bräunung ihrer Haut so makellos wie mit der Spritzpistole aufgetragen. Ihr leicht geröteter Teint erinnerte mich nicht nur an einen Pfirsich; die Haut war weicher als das Kuscheltier eines Babys. Kein Wunder, dass sie an der Bettkante kranker Kinder stets einen so tiefen Eindruck hinterließ.“

So also portraitiert die englische Zeitschriftenverlegerin Tina Brown, Lady Diana Spencer, besser bekannt als „Königin der Herzen“. Ich lese, dass die einst berühmteste Frau der Welt bis kurz vor ihrer Hochzeit als Putzfrau gearbeitet hat, sehr gern die Blusen ihrer Freundinnen wusch und bügelte und schmutziges Geschirr auf dem Tisch nicht ertragen konnte und deshalb selbst wenn sie zu Besuch war schnurstracks zum Spülbecken laufen musste. Ganz unabhängig davon, dass wir eine solche patente Person in unserem Männerhaushalt mit Hund gut gebrauchen könnten, war das natürlich nur eine Seite der königlichen Medaille. Die andere ging so: Lady Di, die nach eigenen Aussagen noch nie für irgendetwas angestanden hat, jauchzt in ihr Handy Ich stehe in einer Schlange! Es ist wunderbar. Mit wie viel verschiedenen Leuten man in einer Schlange zusammenkommt!“

Nein, diese Biografie ist nicht nur großartig geschrieben, sondern auch human. Denn alle (Royals) bekommen ihr Fett ab, und Tina Brown entblättert zwar sämtliche Widersprüche im Leben der tragisch Verunglückten, versäumt es aber auch nicht deren charakterlichen Qualitäten herauszuarbeiten: Dianas Warmherzigkeit und Fähigkeit zur Empathie. Trotzdem ist kaum ein Weltstar in so kurzer Zeit in Vergessenheit geraten wie sie. Muss uns das zu denken geben?

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