Sonntag, 12. Oktober 2008

Ich Gucci, du Prada


Immer gibt es etwas, was mich in den Wahnsinn treibt. Diesmal ist es Business Speech. Viele Stunden schlage ich mich derzeit damit herum. Nein, auf die leichte Schulter nehme ich das nicht. Als Texter ringe ich um gutes, allseits verständliches Deutsch. Ob man zu würdigen weiß, wenn die unschönen Wörter übersetzt werden? 

Point of sale. Was ist das?  Doch nichts anderes als der schnöde Verkaufsort, nur klingt das gar nicht prickelnd. Emotional Selling. Wie bitte? Schon die Steinzeitmenschen wussten: Wer sich beim anderen überzeugend einschleimt, schneidet beim Tauschgeschäft Ziegenfell gegen Esskastanien besser ab. Das wussten die ganz ohne Verkaufstraining und Rhetorikseminar. Doch an "Emotional Selling" führt kein Weg vorbei. Der Begriff  ist urheberrechtlich geschützt und muss zum Lobe des Erfinders - ein Motivationstrainer- verwendet werden.  

Chefs heißen heute ja auch nicht mehr Geschäftsführer, sondern Managing Director oder CEO oder CFO oder einfach nur "Office Director". Doch what's that? Ein Bürovorsteher? Ein Zweigstellenleiter? Der Stubenälteste?  Nein, ein Phantasietitel, den es nicht einmal im Anglo-Amerikanischen gibt. Und was stellen wir mit dem Übrigen an: Assessment-Center, Best Practice Cases, Slotoptimierung Quality... ?

Business Speech ist so, als würde man sich wechselseitig Luxus-Markennamen entgegen schleudern.  Der eine sagt "Prada", der andere "Gucci", der dritte "Christian Dior" und alle nicken, als verstünden sie schon. Doch was zeichnet "Prada" oder "Gucci" gegenüber der Konkurrenz konkret aus? Das wissen nicht einmal die zu sagen, die sich damit schmücken. Und so ist es im Umgang mit Business Speaker(n?) auch: Man fragt nach der Bedeutung der Begriffe, und weiß es nach der Antwort immer noch nicht. Alle diese trendigen Bezeichnungen geben vor, als würde sich ständig alles ändern - Fortschritt, Fortschritt! - und deshalb seien die neuen Begriffe notwendig. Doch würde sich die Innovationsspirale wirklich so atemberaubend schnell drehen, wie uns suggeriert wird, dann wären wir tatsächlich schon längst irrsinnig geworden. 

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Als Texter ringe ich um gutes, allseits verständliches Deutsch.

Als Rezensent hält sich das Ringen offenbar arg in Grenzen.

Seglerin *lachend*

jueb hat gesagt…

Hallo Seglerin!

... als Rezensent?
Da sehe ich mich doch auch ringend...

Herzlichst
jueb