Donnerstag, 30. Oktober 2008

Der Spatz von Paris


Neulich unterhielt ich mich  am Rande einer Tagung mit einem Literaturkritiker über Technik, Fortschritt usw. Gesetzt dem Fall ich fahre in einem Auto mit Navigationssystem, so erzählte ich, was ungemein praktisch sein kann, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, und lande versehentlich in einem tiefen See, weil die Stimme das so eindringlich befohlen hat, dann wäre ich doch sehr froh, ich könnte die Fenster des Fahrzeugs noch mechanisch per Hand herunterkurbeln, um mich so unter Wasser aus dem Auto-Käfig zu befreien. Wäre das Fahrzeug mit einem automatischen Fensteröffner ausgestattet - das ist heute Standard - würde ich wohl sterben. "..was wirklich sehr schade wäre!", erwiderte der Literaturkritiker freundlich. 

Erst  viel später, als wir zur nächtlichen Stunde ins Gästehaus am Tagungsort zurück kehrten, konnten wir unser Gespräch fortsetzen. Kaum stiegen wir aus dem Aufzug, der uns in den dritten Stock brachte, wo sich unsere Zimmer befanden, ging schon das Licht in der ganzen Etage an und die Türen zum Flur öffneten sich ebenso automatisch. Eigentlich schön, sagte der Literaturkritiker, dass jemand mir meine Bedürfnisse erfüllt, noch bevor ich anfange, mich selbst darum zu kümmern.

Bei Amazon.de ist das ja auch der Fall, fiel mir gleich ein. Ich bestelle ein Buch, und sofort erfahre ich, was mir sonst noch gefällt. "Und gefällt's Ihnen wirklich?" Gott sei Dank nicht, antwortete ich. Wie ich eine CD von Juliette Gréco bestellte, wurde mir der Einkauf von Mireille Matthieu empfohlen. "Das ist natürlich schrecklich!", resümierte der Literaturkritiker. Dann verabschiedeten wir uns - jeder ging in sein Zimmer  - und beschlossen das interessante Gespräch bei Gelegenheit fortzusetzen.  

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wäre es wirklich schade um einen, der seinem Navi so blind vertraut, dass er dafür sogar in einen See fährt?
Lästermault frech Petra

jueb hat gesagt…

du hast völlig recht, liebe Petra.

Und dennoch.

Auch ich landete mal samt Beifahrer gefährlich nah in Ackerfurchennähe, weil wir dem Navi, bzw. der dazugehörigen Stimme zu sehr vertraut haben..

Herzlichst
jueb