Samstag, 24. Mai 2008

Machen wir...!

Ob ich beim Imbiss Currywurst mit Pommes und Ketchup bestelle, den Installateur beauftrage, die tropfende Heizung zu reparieren oder telefonisch um eine Unterbrechung meines Zeitungsabonnements bitte, immer kommt ein lebhaftes „Machen wir!“.

Was damit wohl gemeint ist? Doch nicht, dass die Hände der Werktätigen die Dienstleistung in Teamarbeit verrichten? Oder dass ich selbst mithelfen muss?

Offenbar soll die „Wir-Form“ Vertrauen und Autorität stiften, die das „Ich“ allein nicht zu erwecken vermag. Das „Ich“ spricht im Namen der Institution, der Belegschaft, des Kollektivs, als wären wir alle real existierende Sozialisten. Vielleicht aber zeigt sich hier nur, was Gesellschaftstheoretiker schon lange behaupten. Vom Postulat sich zu individualisieren haben die Menschen mittlerweile die Schnauze voll. „Ich“ sein ist anstrengend. Zu viel Entbindung macht Angst.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Jueb,

*räusper*, die Linguistik unterscheidet zwischen inklusivem und exklusivem "wir", in vielen Sprachen durch unterschiedliche Begriffe ausgedrückt. Das exklusive "wir" schließt den Angesprochenen aus, das inklusive ein.

Rein gefühlsmäßig würde ich sagen, wir haben es hier mit einem inklusiven "wir" zu tun, bei dem zwar nicht auf deine Mithilfe, aber doch auf deine - mindestens emotionale - Beteiligung am Geschehen gesetzt wird.

In etwa vergleichbar mit "Na, haben wir denn heute schon unsere Pillen geschluckt, Frau Müller?"

Machen wir. Sie und ich, wir kriegen das hin. Sie wollen, ich tue, zusammen ergibt das "wir".

Mensch, das ist doch wunderbar. Seliges Berlin! Ich hör meistens nur: "Geht nicht."

Lieben Gruß

Ruth

Anonym hat gesagt…

>>Ich hör meistens nur: "Geht nicht."

Ich kenne das "wir" auch nur aus dem Krankenhaus und von absolutistischen Herrschern. ;-)
Bei uns im Elsass heißt das: "Rufen Sie morgen noch mal an", verwandt mit dem polnischen "iutro" und dem spanischen "manana" (morgen)

Grüßle,
Petra

Anonym hat gesagt…

Hallo jueb,

mir klingt da sofort dieses "Wie gehts uns denn?" in den Ohren. Auch eine Form vom Individuum getrennt zu werden, das man ist, durch dieses vereinnahmende "uns". Warum trifft das nur Alte und Kranke? Keine Ahnung. Jedenfalls wird der so Angesprochene entmündigt, seiner Individualität beraubt. Sich dagegen zu wehren kostet möglicherweise Kraft, die man in dieser Situation nicht hat oder vielleicht auch nie wider gewinnen wird. Eigentlich habe ich nichts gegen das Älterwerden, aber mit dieser Option ... lieber nicht.

LG
Inge

Hallo Petra, die du mir hier häufiger über den Weg läufst. Im Forum wirst du vermisst!
Liebe Grüße auf die andere Seite des Rheins
von der Inge

Anonym hat gesagt…

Schön zu hören, Inge :-) Mich gibt's nur noch "echt"...

Zum Altern in der Wir-Form: haben wir es nicht in der Hand, das noch in jugendlichen Jahren umzudrehen? Ich stell mir mich als Alte vor, wie ich sage: "Na, haben wir heute unsere Arbeit schon erledigt?" (Visionen darf man ja noch haben).

Herzliche Grüße,
Petra

Anonym hat gesagt…

Hallo Petra,

das mag ja richtig sein. Aber in dem von Dir beschriebenen Fall sind wir die Aktiven und kriegen das nicht von außen übergestülpt -noch dazu in einer wehrlosen Situation.
Gegen das selbstironische "wir" habe ich nichts, aber gegen das entmündigende und vereinnahmende schon.

Liebe Grüße
Inge

Anonym hat gesagt…

lieber Jueb,

…glaube, es ist – ausser der Berliner Art – eine Art von sich selbst nur noch im Modus eiens Unternehmsn zu denken. Mach ich würde heisen jemand fühlt sich direkt zuständig udn in Verwantwortung. 'Machen wir' heisst er/sie ist teil von etwas größerem, + dieses "Unternehmens -wirich" ist vielleicht nur die Weiterentwicklung der Ich-AGs: seither ist es ja zunehmend angebracht + gleichsam natürlich, von sich in allen Aspekten als zu optimierendes Unternehmen zu denken und darum auch alles in die Ökonomie einzuziehen, was sich regt (an Impulsen z.B.) oder was man frühr einmal "unter sich" kommunizierte..
CU soon :-)