Freitag, 4. Dezember 2009
Genie und Wahnsinn
Donnerstag, 3. Dezember 2009
Duell
Mittwoch, 2. Dezember 2009
Metzgern?
Sonntag, 18. Oktober 2009
Die Farbe des Selbstmords
- "Violett ist nicht ungefährlich."
- "Warum?"
- "Frauen bringen sich in violetten Sitzgruppen um... alleinstehende Frauen."
Montag, 14. September 2009
Ja, aber...
Samstag, 12. September 2009
Affenscheiße zum Frühstück
Samstag, 5. September 2009
Wer Schulden hat, muss auch notwendig lügen (Herodot)
Mittwoch, 2. September 2009
Männer haben Spitzenhirne
Mittwoch, 26. August 2009
Die hohe Schule der Journaille
Donnerstag, 13. August 2009
Den Koffer getragen
Ja, bin ich denn noch zu retten? Letzte Nacht träumte ich von Sibylle Beckenbauer. Sie setzte sich in das Café, in dem ich mit meinem Bruder verweilte, direkt an unseren Tisch, kramte ein billiges Anzeigenblättchen hervor und las darin. Und ich dachte mir noch im Traum, hat die gewesene Kaiserin nicht ein bisschen höhere Lektüreansprüche?
So doof bin ich nicht, dass ich nicht wüsste, warum mein Hirn zur Nacht solche defekten Träume gebiert. Tags zuvor, in einem Zustand größtmöglicher Erschöpfung bei gleichzeitiger Niveauabsenkung landete ich bei Andrea’s Boulevard, scrollte mich rauf und runter und stellte fest, dass die geschiedene Beckenbauer und gewesene Sekretärin beim Deutschen Fußball-Bund hier gewissermaßen zum Grundinventar gehört: Mal Eagles Charity Club, mal Salon mit Dr. Ulrich Bauhofer im Arabella Sheraton Grand Hotel München (Who the hell ist Dr. Bauhofer?), mal Mercedes Benz Fashion Week, mal Omega Golf Cup 2009... Regelmäßig schreibt die Golferin auch noch für zwei Golfmagazine eine Golf-Ladies-Serie. Was man halt so tut als abgelegte Gattin einer "Lichtgestalt des deutschen Fußballs". Beckenbauer-Mutter Antonie kennt auch noch die vergangenen Verdienste ihrer Ex-Schwiegertochter: „Sie hat den Franz ausstaffiert, ihm die Koffer getragen, wenn es schnell gehen musste.“
Franz Beckenbauers Lebensweg pflastern bis heute zwei geschiedene Ehefrauen, eine Langzeitgeliebte und zwei Kurzzeitgeliebte plus (uneheliche) Kinder, alle muck(t)en nicht auf, sagen nur Nettes über den großzügigen Franz oder halten die Klappe. Kein Scheckbuch der Boulevardpresse bewegt sie dazu, über das Leben an der Seite des weltbesten Fußballspielers zu plaudern. In Sibylles Fall munkelte man gar von einer Scheidungsabfindung in zweistelliger Millionenhöhe. Ich meine, scheidungswillige Millionäre sollten sich ein Scheibchen vom guten Franz abschneiden.
Samstag, 8. August 2009
Rechtzeitig bestellen: Weihnachtsgeschenk 2009

Neue Nahrung für meine These von der Unsterblichkeit des Gespenstes Michael Jackson. Schon vor über 3000 Jahren hat The King of Pop gelebt. Eine ägyptische Statue, zu besichtigen im Chicago's Field Museum, ist der Beweis. Zwischen 1550 und 1050 vor Christus wurde Michael gemeißelt!
Donnerstag, 6. August 2009
Samstag, 25. Juli 2009
Legale Ausbeutung
Die Konservativen geben keine Ruhe. Das von der Justizministerin Brigitte Zypries geplante Ansinnen, Homosexuellen das volle Adoptionsrecht zu gewähren, wird von CDU/CSU abgelehnt. Es ziele bloß auf die Selbstverwirklichung von Schwulen und Lesben, mault Unions-Fraktionschef Volker Kauder, nicht aber auf das Wohl der Kinder. Als wenn das ein Widerspruch wäre, sich selbst zu verwirklichen, indem man eine Familie aufbaut! Im Übrigen: sollten sich Schwule und Lesben nicht ebenso selbstverwirklichen dürfen wie alle anderen Menschen auch?
Wenn behauptet wird, dass Kinder, die von schwulen oder lesbischen Paaren groß gezogen werden, Nachteile in der Entwicklung haben (was nach derzeitigen Erkenntnissen nicht der Fall ist), könnte man in letzter Konsequenz auch allein erziehenden Müttern die Erziehungskompetenz absprechen, ja ihnen am besten gleich die Brut wegnehmen – zum Wohle des Kindes. Dann müsste beispielsweise auch Horst Seehofers Gespielin (die Büroleiterin des CDU-Kollegen Laurenz Meyer), ihr Kindlein wieder hergeben. Doch wohin damit? Da der Apfel ja niemals zu weit vom Stamm fallen sollte, wie der Konservative weiß, wäre es gewiss im Sinne der CSU-Familienpolitik, den Bastard in die offizielle Sippe des bayerischen Ministerpräsidenten zu überführen. Die couragierte Karin Seehofer würde auch das noch verkraften, und mit der Patchworkfamilie, die sich da bildete, könnten die Seehofers auch noch das Zepter des gesellschaftlichen Fortschritts schwenken.
Aber im Ernst. Homosexuelle dürfen ja sogar heiraten! Was wollen die eigentlich noch alles haben? Antwort: Gleichberechtigung. Doch bis dahin ist es auch im Jahre 2009 noch ein weiter Weg. Die so genannte eingetragene Lebenspartnerschaft, die gleichgeschlechtliche Paare seit 2001 eingehen dürfen, bringt nämlich nur eines: finanzielle Nachteile. Mit jeder eingetragenen Lebenspartnerschaft spart der Staat Geld.
Mittwoch, 15. Juli 2009
Danke für die Titt'n
Sascha Lobo, inoffizieller Vorstand der digitalen Bohème und landesweites Vorbild unabhängigen Bloggens, wirbt neuerdings für ein Mobilfunkunternehmen. Gegenüber enttäuschten Fans und anderen Neidhammeln verteidigt er sein Engagement im aktuellen Vodafone-Spot – Zielgruppe „Generation Upload“ - mit dem Hinweis, dass er ohnehin schon immer für die Werbung gearbeitet hätte und zudem iPhones von anderen Anbietern besäße. Wo läge also das Problem?
Das Problem besteht darin, dass sobald genug Euroscheine winken, geistige Unabhängigkeit und Haltung in den Urlaub fahren. Aber auch der muss ja erstmal finanziert werden. Noch schlimmer ist es bei der BILD-Zeitung, da geht solcher Ethos schon ohne Bestechungsgeld flöten. Prominente wie Veronica Ferres, Katharina Witt oder Johannes Kerner werben derzeit auf Litfasssäulen für das Boulevardblatt mit der verlockenden Reichweite von 11,5 Millionen Lesern. Dass ihr Honorar einem guten Zweck zufloss, tröstet so wenig, wie die Insiderinformation, dass von gut 2000 angeschriebenen Prominenten nur eine Handvoll dazu bereit war, bei der Kampagne „Ihre Meinung zu Bild?“ mitzumachen.
Wie sie sich nun dabei spreizen, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, sie würden sich Deutschlands Schmutzblatt Nummer Eins anbiedern, es aber letztendlich doch tun, ist grauenerregend verlogen. Kerner, noch TV-Onkel des Öffentlich-Rechtlichen (er wechselt 2010 zum Privatsender Sat 1, hat also nichts mehr zu verlieren) mahnt, er wünsche sich von BILD „etwas mehr Bildung und weniger Meinung“.
Ehrlicher ist da schon die Antwort des Rappers Sido (der allerdings seinen Ruf des Provokateurs gerecht werden muss): „Danke für die Titt’n“
Samstag, 27. Juni 2009
Unerlöst
Mittwoch, 24. Juni 2009
Das ist schon unfair...
Manchmal tut es gut, daran erinnert zu werden, dass alles auch ganz anders sein könnte. Heute las ich in der Berliner Zeitung über die Mosuo, eine ethnische Gruppe im Südwesten Chinas, bei der – das ist auch das Thema des Artikels – das Matriarchat „herrscht“. Männer arbeiten nicht, sind weitgehend rechtlos und zuständig nur für die sexuelle Befriedigung der Frauen – auch das hat seinen Preis. Hat eine Frau genug von ihrem Liebhaber, hängt sie seinen Hut an einen Haken vor die Tür. Rien ne va plus. Auch müssen die Männer bei ihren Müttern leben.
In dem Artikel wird ein Mann zitiert: „Das ist schon unfair, dass die Frauen so viel arbeiten, aber so ist das nun mal bei uns. Wir helfen nur, wenn es gar nicht mehr geht.“ Und eine Frau: „Die Männer wissen nicht, was es heißt, eine Familie ernähren zu müssen. Und sie können auch nicht mit Geld umgehen.“
Jährlich strömen fast 100 000 Touristen nach Luoshui, wo die meisten Mosuo leben. Nach diesem Artikel – der argentinische Journalist Ricardo Coler hat auch ein Buch darüber geschrieben – dürften es noch mehr werden.
Dienstag, 16. Juni 2009
Elsa Stock, mon amour
„Aller Anfang ist schwer“, heißt es. Schnell hat man’s nachgeschwätzt. Stimmt das aber?
Wie ich den 90ern an meiner Promotion schrieb, hatte ich eine Mitstreiterin, nennen wir sie Claudia, von der ich behaupten möchte, dass sie mir in puncto wissenschaftliches Arbeiten deutlich überlegen war. Viel habe ich von ihr lernen können – die sonstige akademische Welt leider nur wenig. Denn Claudia hat ihre Promotion nicht fertig geschrieben. Sie scheiterte, nicht am Thema (wie sie möglicherweise bis heute glaubt), sondern an ihren Ansprüchen. Die waren viel zu hoch, quasi unerfüllbar. Vielleicht dachte sie aber auch an einen Satz von Ludger Lütkehaus: „Viel schlimmer, als nie ans Ende zu kommen, wäre es am Ende zu sein. Und was dann?“ Mag ja sein, aber was hilft der beste wissenschaftliche Sachverstand, wenn er der Welt kein Zeugnis hinterlässt?

Jetzt stehe ich wieder am Anfang vom Ende. Vor dem Ende meines ersten Romans. Auf Seite 277 angelangt drängelt alles zum Finale. Doch mich überkommt - wie in der Endphase meiner Promotion - der süße, verführerische Wunsch, nochmals auf Start zu gehen, denn schließlich könnte ich mittlerweile alles noch viel besser - nicht wahr?
Den Teufel werde ich tun!
Mittwoch, 10. Juni 2009
Damit es uns wieder besser geht...
Freitag, 29. Mai 2009
Helft Hitzlsperger!
In der Süddeutschen Zeitung erschien in der Wochenendbeilage vom 23./24. Mai ein großer sensationeller Artikel, merkwürdig, dass er nirgendwo kommentiert wurde. Wir wollen das nachholen. Fast die Hälfte der Seite geht für ein männliches Pin-up drauf. Ein hübscher Kerl im Halbprofil mit tiefem T-Shirt-Ausschnitt, Dreitagebart und einem Schlafzimmerblick, der Frauen und Homosexuelle gleichermaßen beunruhigt.
Doch nicht darum geht es in dem Text, sondern um ein viel sensationelleres Doppelleben, das der 27-jährige Thomas Hitzlsperger führt. Der Kapitän des VfB Stuttgart liest Bücher. Romane. Hochliteratur. Quel Tabubruch! Dass Fußballer auch Bücher lesen, wusste ich bisher nicht.
Gleich drei Lieblingsbücher des Alphabeten Hitzlsperger haben die Layouter der Süddeutschen Zeitung vor lauter Begeisterung mit Cover abgedruckt: Roger Willemsen, Clemens Meyer und J.M. Coetzee – ein echter Nobelpreisträger! In den Schoss fiel dem Mittelstürmer die anspruchsvolle Liebe nicht. Harte Arbeit wie auf dem Rasen war das: „Ich habe mich herangekämpft; von der Zeitung über Sachbücher zur Literatur.“
Der Artikel endet melancholisch. Als fortgeschrittener Romanleser ist die Spitzenkraft am Fußballplatz zum Entwurzelten geworden. Er hat, und die Trauer darüber ist nicht zu überlesen, „leider niemanden, mit dem er über Bücher reden kann.“
Wer Kontakt aufnehmen möchte: www.thomas-hitzlsperger.de
Freitag, 22. Mai 2009
Franz Kafka trifft Laura Ashley
Berlin, Berlin... Meine Favoriten (2)
Der große Erfolg des Leipziger Malers Neo Rauch, so wird mitunter gelästert, hätte auch damit zutun, dass seine figürlichen Bilder unendlich Stoff für Interpretation und Analyse böten. Endlich haben Kunstkritiker wieder etwas zu tun, können sich am narrativen Überschwang dieser Rätselbilder abarbeiten, zigfach Anspielungen auf Mythologie und Geschichte entdecken und damit spielend und kompetent das Feuilleton füllen.
Unabhängig davon, ob man Rauch so überhaupt gerecht wird, mir geht es genauso. So sehr ich Abstraktion an der Wand zu schätzen weiß – etwa die filigranen Bleistiftzeichnungen von Cy Twombly – gehöre ich doch zu den Zeitgenossen, die sich jedes Mal unbändig freuen, wenn ihnen Malerei (über ihr formalästhetisches Gelingen hinaus) etwas zu erzählen hat. Nur ungewohnt und schwebend sollte es sein und bitte ein bisschen rätselhaft – so dass auch der hundertste Blick das Werk noch nicht restlos ausgeschöpft hat.


Die kleinformatigen, bemalten Collagen, die der Berliner Jakob Roepke seit Mitte der 90er herstellt, erfüllen diese Bedingungen aufs Schönste. Der Plot: Menschen werden grotesken, unerwarteten und meistens etwas unbehaglichen häuslichen Szenen ausgesetzt, die sie dann stoisch meistern dürfen. Sie treten in einen spielerischen Zweikampf mit überdimensionierten Tieren, wild gewordenen geometrischen Formen oder den architektonischen Merkwürdigkeiten des kleinen Zimmers, in das sie der Maler hineingesteckt hat. Dass den agierenden Figuren etwas Tänzelndes und zugleich Somnambules anhaftet, nimmt nicht wunder. Jakob Roepke hat sie aus alten Yoga-Handbüchern ausgeschnitten oder der Jiu-Jitsu-Kampfkunst abgeschaut. Die Kulisse wiederum ist den farbigen Mustern von Geschenkpapier zu verdanken - sie geben die nostalgische Grundstimmung vor.

Montag, 11. Mai 2009
Sparwitz
Montag, 4. Mai 2009
Sogar der Klappentext stimmt

Weil es hier nicht allein darum geht, Leser mit Herzklopfengefühl zu unterhalten, sondern weil der Roman eben auch interessante Aussagen über die zeitgenössische Gesellschaft macht. Etwa darüber wie Opfer, denen Gewalt angetan wird, selbst zu Tätern werden. Und das wird in der vordergründigen Thrillerhandlung so schlüssig und beklemmend vorgeführt, dass es mich mehr überzeugt als eine wissenschaftliche Gesellschaftsanalyse. Eine ziemlich pessimistische Diagnose über "eine Welt, in der wir der Gewalt nicht mehr ausweichen können". Dieses Zitat stammt aus dem Klappentext - und es ist einer der wenigen Fälle, die ich kenne, wo der Klappentext auch zutrifft.
Donnerstag, 23. April 2009
Georg und ich
Montag, 20. April 2009
Kunstturnen
Hätte die Schule nur aus Sportunterricht bestanden, ich wäre Jahr für Jahr sitzen geblieben. Besonders große Demütigungen erlitt ich am Stufenbarren. Weil ich mich der in meinen Augen martialischen Übung verweigerte, wurde ich mit der Note 5 – „Für’s Antreten, Herr Bräunlein!“ - abgestraft. Jetzt stoße ich zufällig auf zwei Zitate, hingekritzelt auf der Rückseite einer alten Ansichtskarte, die den Jahrhundertkünstler Pablo Picasso in der Blüte seines Alters zeigt – und prompt werde ich an die Sportstunden meiner Schulzeit erinnert. „Begriffe sind wie Turngeräte“, lese ich da...
Aha.
Nachdem ich meine Abscheu vor Turngeräten abgeschüttelt habe, beginnt mich der Satz zu faszinieren. Er stimmt. So wichtig „Begriffe“ sind, sie sind Hilfsmittel. Mehr nicht. Die sportliche Ertüchtigung nehmen sie einem nicht ab. Nicht einmal das Denken. Und überhaupt. So eindeutig verstehbar, wie „genaue Begrifflichkeiten“ uns immer vergaukeln wollen, ist das Leben nicht. Nein! Da müssen schon ganze andere Geschütze aufgefahren werden.
Auf der Rückseite der Picasso-Postkarte steht noch ein zweites Zitat: „Kunst wirkt tiefer als der Begriff.“ Keine Ahnung, von wem dieser Satz stammt. Aber er erscheint mir noch wahrer zu sein als der erste. Will er uns nicht vor allem eines sagen: Wer ein echter Kunstturner ist, kann zur Not auch ohne Turngeräte auskommen?
Dienstag, 14. April 2009
Frühlingsbonbon
Ostern vorbei, Magen voll und die Sonne scheint immer noch. Leider hat man wenig davon, weil geschuftet werden muss. Trotzdem versuchen wir die gute Stimmung der letzten Tage in die geschrumpfte Arbeitswoche hinüberzuretten. Und das geht spielend mit den zwei talentierten Damen, die sich im Januar 1973 zu einem Duett im amerikanischen Fernsehen zusammen getan haben. Die eine wurde schon von Herzen gepriesen, die andere hat sich als Mary Poppins einen unsterblichen Namen gemacht. Für uns singen beide jetzt ein Medley mit Evergreens à la "Up, Up and Away" und "I Believe in Music" - der Charme der Performance muss selbst Hartgesottene weich machen. Zu beachten ist außerdem das inspirierende Frühlings-Outfit unserer Sängerinnen. Please enjoy it!
Donnerstag, 9. April 2009
Tanzende Dollarnoten
Wenn es nicht wahr ist, dann ist es hübsch erfunden. „Was möchten Sie einmal werden, wenn Sie erwachsen sind?“, wurde die blutjunge, damals noch unbekannte Madonna Louise Ciccone gefragt. Antwort: „Die Welt regieren.“ Wenn man bedenkt, welche Völkermassen an Fans diese postmoderne Rattenfängerin seit über 20 Jahren hinter sich herzieht, muss man zugeben, Madonna – so klein wie Napoleon: 1,54 m - hat ihr Ziel erreicht. Landet eine Single von ihr nicht in mindestens 40 Ländern auf Platz 1 der Hitparade, gilt sie als Flop. Der Spross armer italienischer Einwanderer ist der Weltstar schlechthin. Doch wie wird man so was?
Nach der Lektüre zweier Madonna-Biografien weiß ich es immer noch nicht genau, jedoch besser als vorher. Die gewisse Musikalität, über die Madonna allen gegenteiligen Ansichten zum Trotz durchaus verfügt, ist es wohl zum geringsten Teil. Eher sind es Biss, Zielstrebigkeit und Disziplin, mit denen Dickhäuterin Madonna ihre Interessen stets durchzusetzen in der Lage ist. Nur fragt man sich, welche Interessen? Musikalische?
Nach meinen Madonna-Studien kaufte ich zum ersten Mal eine CD von ihr - „Ray of Light“ von 1998, darin der Song „Frozen“ mir noch in angenehmer Erinnerung war. Doch beim mehrmaligen Abhören merke ich, wie sich etwas in mir sperrt. Ich kann mich einfach nicht auf Madonnas Stimme einlassen, obwohl sie auf „Ray of Light“ viel besser ist als zu Beginn ihrer Karriere. Ja, es ist so, dass ich beim Zuhören unentwegt Dollarnoten vor mir tanzen sehe. Als hätte Madonnas Gesang diesen heimlichen Unterton, ich mach’s nicht für dich, ich mach’s nicht für mich, ich mach’s nur für’s Geld. Der Stimme fehlt jede echte Warmherzigkeit. Ist das aber möglich? Kann so etwas herausgehört werden? Oder bin ich Opfer meiner Projektionen geworden und lege das Gelesene in die Musik, ohne dass ich es selbst merke?
Freitag, 3. April 2009
Spaziergang durch die Hauptstadt
Samstag, 28. März 2009
Liberté toujours!

„Belphégor“ war 1965 ein Straßenfeger in Frankreich (1967 auch bei uns) und zu diesem Zeitpunkt war die Gréco als Chansonsängerin ganz weit oben. Vielleicht ist das ein Grund für die lässige Souveränität ihres Spiels. Als gereifte bourgeoise Femme Fatale Laurence becirct sie den jungen André Bellegarde, der dem gefährlichen Phantom des Louvre das Handwerk legen will, jenem „Belphégor“, zu dem auch Laurence rätselhafte Kontakte pflegt. Zwar ist André in die gleichaltrige hübsche Colette verliebt, möchte aber verständlicherweise erst seine Affäre mit Juliette Gréco ausleben, was von der wartenden Colette generös geschluckt wird. Colettes Vater wiederum ist Kommissar, der abends Rotwein trinkt und mit seiner Märklin spielt. Die Hauptverdächtige wiederum, eine greise Milliardärin mit Liebe zum Grammophon will ihm nach dem Verhör in die Haare fassen.
Alle Figuren sind kleine Philosophen, genauer gesagt Existenzialisten, verschroben und skurril in ihrem Handeln. Die Dialoge sind geschliffen und blitzgescheit ulkig. Natürlich hat „Belphégor“ auch zahlreiche überraschende Wendungen und ist spannend bis zum Schluss, doch das Schönste an diesem TV-Schmuckstück einer fast schon vergessenen Zeit, ist der frivole Geist, der hier in Wort und Atmosphäre herrscht, und den man am besten mit der Gauloises-Werbung umschreiben kann: „Liberté toujours!“
Montag, 16. März 2009
Feed it!
Ein alter Indianer erzählt seinem Enkel: “In meiner Brust wohnen zwei Wölfe. Einer ist der Wolf der Dunkelheit, der Angst, des Misstrauens, der Verzweiflung und des Neides. Der andere ist der Wolf des Lichts, der Liebe, der Lust und der Lebensfreude.”
Da wird der Enkel nachdenklich und fragt: ”Und welcher der beiden wird gewinnen“ Der alte Indianer antwortet: “Der, den ich füttere.“
Samstag, 14. März 2009
Früher Geburtstagsgruß an Christa Wolf
Stimmt schon, man soll Menschen nicht älter machen als sie sind. Besonders bei fast 80-Jährigen zählt jeder Tag. Trotzdem möchte ich meinen Geburtstagsgruß für Christa Wolf, die am 18. März 80 wird, heute schon loswerden. Inspiriert, nein abgekupfert wurde er von meiner Lektüre auf der Toilette: „Der neue Raben Kalender 2009“.
Der schöne Kalender erfreut uns Tag für Tag mit erfrischenden Petitessen. Heute morgen also ein kleiner Cartoon zum Literaturbetrieb. Man sieht zwei gepflegte, etwas ältlich wirkende Damen mit Baskenmütze und Brille vertieft im Gespräch. „Mein Lektor hat gesagt, ich sei die neue Christa Wolf“, erzählt die eine und fügt hinzu: „Das ist die schönste Ablehnung, die ich je bekommen habe!“
Freitag, 6. März 2009
Berlin, Berlin.. Meine Favoriten (1)
Nach Wittgenstein ist der Spiegel ein Instrument der Angst. Ich empfinde das auch so, bin nicht erpicht darauf, jedes Mal wenn ich eine Toilette aufsuche und hinterher meine Hände wasche, mein Gesicht über dem Waschbecken sehen zu müssen. Ich weiß nämlich sehr genau, wie ich aussehe, und das ändert sich in der Regel im Laufe eines Tages nicht.
1 zu 0 für das „Felix Austria“!
Das charmante österreichische Degustierstüberl in Berlin-Kreuzberg verzichtet in der Toilette auf Spiegel (zumindest bei den Herren). Das ist einer von gefühlten 25 Gründen, warum dort regelmäßig einzukehren zu meinen hauptstädtischen Aktivitäten gehört. Andere Gründe sind die Käsekrainer mit Senf, das Hirschgulasch mit Serviettenknödel, der fetzig gebräunte Leberkäse und der anmutige kalte Braten. Darauf liegt geraspelter Meerrettich, als wäre es frisch gefallener Neuschnee.
Der Wirt ist tannengroß und ebenso dünn, unauffällig präsent und hat die Lässigkeit, die einem „glücklichen Österreich“ wohl ansteht. Die rotweiß karierten Tischdecken machen mich friedlich, die Marillenknödel neben dem kleinen Braunen so glücklich, dass ich dann für einen Tag keine allzu bösen Gedanken mehr hege. Manchmal im Sommer sitze ich am frühen Mittag schreibend draußen, esse Weißwürste, trinke einen Weißwein dazu und wenn es die Inspiration gut mit mir gemeint hat, bestelle ich noch ein zweites Glas. Raucher werden im „Felix Austria“ nicht erschossen, im Gegenteil, sie haben sogar einen eigenen kleinen Speisesaal. Obwohl ich Nichtraucher bin, finde ich das völlig in Ordnung, wenn man Raucher unversehrt leben lässt.
Felix Austria, Bergmannstr. 16, Kreuzberg, 030/ 61675452, tägl. 9-24.
Mittwoch, 25. Februar 2009
Very sexy
Aus gegebenem Anlass eine Erinnerung an meine Großmutter. Eine einfache Frau, ein uneheliches Kind, eine Magd, die später einen Arbeiter im Steinbruch heiratete - meinen Großvater. Nach seinem frühen Tod lebte sie nahezu bedürfnislos, aber nicht unzufrieden in einer kleinen, düsteren 2-Zimmer-Wohnung in Nürnberg. Herd und Spüle hatten die Kargheit von Nachkriegsinventar. Das Mondänste in der ganzen Wohnung waren die Fernsehzeitschriften im Flur ("Hörzu"). Meine Großmutter war nicht geizig, sie war sparsam. Wenn sie zu uns kam, tauchte sie trockene Bamberger Hörnchen, die sie mitgebracht hatte, in den Kaffee. Ich machte es ihr nach.
Immer nach der Tagesschau um 20.15 Uhr genau packte sie ihre Handtasche, ging in den Flur und stand dort bei offener Wohnzimmertür, bis mein Vater kam und sie nach Hause fuhr. Oder mein Bruder oder noch später ich. Meine Großmutter war kein schwieriger Fahrgast. Nur das Anschnallen war ihr zuwider. Ihr spärliches Repertoire an Fragen wiederholte sie von Fahrt zu Fahrt, ohne Vertiefung zu erwarten. Sie beteuerte, wie wichtig heutzutage ein Führerschein wäre, und bewunderte meine Fahrkünste. Was ihr nicht schwer fiel, da sie nicht einmal einen Telefonapparat bedienen konnte, ohne in Schweiß auszubrechen. Und sie wollte jedes Mal wissen, ob ich eine Freundin hätte. Ich lasse mir Zeit!, antwortete ich, was ihr sofort einleuchtete.
Immer wenn sie zu Besuch kam, schenkte sie uns ein 5 Mark Stück und immer dieselbe Schokolade, die mein Bruder und ich schon lange nicht mehr essen wollten. Sie stapelte sich im Wohnzimmerschrank. Meine Mutter meinte, mein Vater sollte endlich einmal den Mut aufbringen, seiner Mutter zu sagen, dass uns die Schokolade nicht schmeckt. Doch alte Frauen sind stur, von stiller Autorität, und meine Großmutter war nicht für Abwechslung. Zum Geburtstag und zu Weihnachten gab es für uns Kinder einen 20-Mark-Schein, für meine Mutter nichts und für meinen Vater Schiesser-Feinrippunterwäsche. Besondere Kennzeichen: Doppelripp mit Eingriff, ganz schnell ausgeleierter Gummizug. Was will man mit 50 dieser Dinger im Schrank? Auch hier brachte mein Vater den Mund nicht auf.
1986 ist meine Großmutter gestorben, die Lieferung von Schokolade und Unterwäsche hörte auf. Es war auch für Schiesser-Feinripp der Anfang vom Ende. Nie ist es dem Traditionsunternehmen gelungen das fatale Image abzustreifen, Liebestöter zu produzieren. Jetzt hat Schiesser Insolvenz angemeldet.
Donnerstag, 19. Februar 2009
Carpe diem
Was macht eigentlich Inge Meysel? Nichts mehr, sie ist tot. Selbstverständlich ist das nicht. Die ehemalige „Fernsehmutter der Nation“ starb vor knapp fünf Jahren, doch man hatte sie schon - wie einst Ernst Jünger und jetzt Johannes Heesters - für unverwüstlich gehalten. Für so unverwüstlich, dass man geglaubt hat, sie würde niemals sterben.
Vor allem im Alter hat Inge Meysel immer wieder auf den Putz gehauen und öffentlich für Unruhe gesorgt. Dass sie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben war, hat ebenso irritiert wie ihr Geständnis, auch lesbisch gelebt zu haben. Finanziert hat sie zudem das Studium von Angela Marquardt, damals Abgeordnete der PDS (!).
„Meschugge muss man sein, sonst hat das Leben keinen Sinn!" war ein typischer Inge Meysel-Satz, ein anderer ging so ("Von den Alten lernen oder Was mir heute Morgen beim Aufstehen geholfen hat", Folge 3):
"Zieh dir nicht die Schuhe aus, bevor du am Fluss bist.“ .
Das ist Lebensphilosophie. Du sollst nichts überstürzen. Weder im Alltag, noch im Beruf, noch in der Liebe. Auch bei der letzten Überfahrt nicht. Schließlich kann der Fluss immer noch eine Pfütze sein.
Donnerstag, 12. Februar 2009
Ich stehe in einer Schlange und es ist wunderbar!
Wenn mir jemand erzählt hätte, dass ich einmal eine 784 Seiten dicke Biografie über dieses englische Upperclass-Mädchen eines abgewirtschafteten Gesellschaftssystems lesen würde, ich hätte ihm glatt den Vogel gezeigt. Nun lese ich einen solchen Wälzer tatsächlich und mit dem größten Vergnügen. Die Biografie ist sorgfältig recherchiert und mit einer wahren Festung an Fußnoten abgesichert. Vor allem aber von einnehmender Bösartigkeit. Auf den Seiten prasseln die giftigen Bonmots nur so nieder. Gleich im ersten Kapitel erinnert sich die Autorin an ein Zusammentreffen im Juni 1997:
„Man hatte bei ihr den Eindruck, alles wäre in die Länge gezogen und handkoloriert worden. Die hochgewachsene englische Rose mit den zarten Wangen, die ich zum ersten Mal 1981 in der amerikanischen Botschaft als Frischvermählte getroffen hatte, schillerte wie eine Cartoonfigur. Als sie auf ihren Acht-Zentimeter-Stöckeln den Hauptspeisesaal des Four Seasons durchquerte, wirkte sie unter der hohen Decke wie eine überdimensionierte Barbarella. Ihr Chanel-Kostüm war in leuchtendem Mintgrün gehalten und die Bräunung ihrer Haut so makellos wie mit der Spritzpistole aufgetragen. Ihr leicht geröteter Teint erinnerte mich nicht nur an einen Pfirsich; die Haut war weicher als das Kuscheltier eines Babys. Kein Wunder, dass sie an der Bettkante kranker Kinder stets einen so tiefen Eindruck hinterließ.“
So also portraitiert die englische Zeitschriftenverlegerin Tina Brown, Lady Diana Spencer, besser bekannt als „Königin der Herzen“. Ich lese, dass die einst berühmteste Frau der Welt bis kurz vor ihrer Hochzeit als Putzfrau gearbeitet hat, sehr gern die Blusen ihrer Freundinnen wusch und bügelte und schmutziges Geschirr auf dem Tisch nicht ertragen konnte und deshalb selbst wenn sie zu Besuch war schnurstracks zum Spülbecken laufen musste. Ganz unabhängig davon, dass wir eine solche patente Person in unserem Männerhaushalt mit Hund gut gebrauchen könnten, war das natürlich nur eine Seite der königlichen Medaille. Die andere ging so: Lady Di, die nach eigenen Aussagen noch nie für irgendetwas angestanden hat, jauchzt in ihr Handy „Ich stehe in einer Schlange! Es ist wunderbar. Mit wie viel verschiedenen Leuten man in einer Schlange zusammenkommt!“
Nein, diese Biografie ist nicht nur großartig geschrieben, sondern auch human. Denn alle (Royals) bekommen ihr Fett ab, und Tina Brown entblättert zwar sämtliche Widersprüche im Leben der tragisch Verunglückten, versäumt es aber auch nicht deren charakterlichen Qualitäten herauszuarbeiten: Dianas Warmherzigkeit und Fähigkeit zur Empathie. Trotzdem ist kaum ein Weltstar in so kurzer Zeit in Vergessenheit geraten wie sie. Muss uns das zu denken geben?