Weit nach Mitternacht verlassen wir angeheitert und fußlahm ein Fest bei Freunden, der Weg zur S-Bahn ist weit, der Zeittakt der Züge unberechenbar. Mops Paul will auch schlafen. Taxi? Ist Verschwendung, Dekadenz, so hat man's in der Kindheit gelernt. Andererseits haben wir kein Auto, da kann man doch ab und zu.... Das Über-Ich? Schon hebt einer die Hand. Ich war's nicht, Mutti. Bin aber dankbar, Hartmut. Das Taxi hält. Wir steigen ein.
Schicke Heckflossen und ein mächtiger Kühlergrill. Innen geräumig und ein umwerfender Panoramablick nach draußen. Der Fahrer trägt kurze Hosen, Sandalen und ein Schnurrbärtchen. "Wir fahren", sagt er, "mit dem ältesten Taxi Berlins." "Welches Baujahr?". "1964", sagt unser Chauffeur.
Ich bin gerührt. Sehr gerührt. Vorsichtig streicht meine Hand über das Sitzfell. Flauschig. Der Mercedes hat sich gut gehalten und kommt mir auf einmal noch geräumiger und schöner vor. Eine ausgeprägte Persönlichkeit. Bei einem Harald-Juhnke-Film hat er mitgespielt und den Hauptdarsteller überlebt. Bei zahlreichen Hochzeitsfeiern war er mit von der Partie, und immer noch drücken sich an seinen Scheiben neugierige Nasen platt. Der Oldtimer ist eine Augenweide, selbst wenn er steht. Ein Held von Vehikel und genau so alt wie ich. Nämlich fast schon..... Ach, vergessen wir's! Und beim Aussteigen frage ich mich, ob ich auch schon so muffelig rieche.