Freitag, 22. Mai 2009

Franz Kafka trifft Laura Ashley

         Berlin, Berlin... Meine Favoriten (2)

Der große Erfolg des Leipziger Malers Neo Rauch, so wird mitunter gelästert, hätte auch damit zutun, dass seine figürlichen Bilder unendlich Stoff für Interpretation und Analyse böten. Endlich haben Kunstkritiker wieder etwas zu tun, können sich am narrativen Überschwang dieser Rätselbilder abarbeiten, zigfach Anspielungen auf Mythologie und Geschichte entdecken und damit spielend und kompetent das Feuilleton füllen.

Unabhängig davon, ob man Rauch so überhaupt gerecht wird, mir geht es genauso. So sehr ich Abstraktion an der Wand zu schätzen weiß – etwa die filigranen Bleistiftzeichnungen von Cy Twombly – gehöre ich doch zu den Zeitgenossen, die sich jedes Mal unbändig freuen, wenn ihnen Malerei  (über ihr formalästhetisches Gelingen hinaus) etwas zu erzählen hat. Nur ungewohnt und schwebend sollte es sein und bitte ein bisschen rätselhaft – so dass auch der hundertste Blick das Werk noch nicht restlos ausgeschöpft hat.




Die kleinformatigen, bemalten Collagen, die der Berliner Jakob Roepke seit Mitte der 90er herstellt, erfüllen diese Bedingungen aufs Schönste. Der Plot: Menschen werden grotesken, unerwarteten und meistens etwas unbehaglichen häuslichen Szenen ausgesetzt, die sie dann stoisch meistern dürfen. Sie treten in einen spielerischen Zweikampf mit überdimensionierten Tieren, wild gewordenen geometrischen Formen oder den architektonischen Merkwürdigkeiten des kleinen Zimmers, in das sie der Maler hineingesteckt hat. Dass den agierenden Figuren etwas Tänzelndes und zugleich Somnambules anhaftet, nimmt nicht wunder. Jakob Roepke hat sie aus alten Yoga-Handbüchern ausgeschnitten oder der Jiu-Jitsu-Kampfkunst abgeschaut. Die Kulisse wiederum ist den farbigen Mustern von Geschenkpapier zu verdanken - sie geben die nostalgische Grundstimmung vor.



Ich mag diese Collagen sehr. Die sanfte Irritation, die von ihnen ausgeht, regt mich an. Die Poesie rührt mich, die Rätsel will ich ergründen. Jedes dieser mittlerweile über 700 Miniaturbilder (13x12 cm) ist anders, und doch hängen sie inhaltlich und atmosphärisch zusammen: A never ending Story also. 

Immerzu denke ich an Sisyphus und Buster Keaton. Hier paart sich das Monströse mit dem Putzigen, das Wundersame mit dem Unheimlichen. Oder wie umwerfend richtig geschrieben wurde: in Jakob Roepkes Bildern trifft Franz Kafka auf Laura Ashley. Kontakt


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Oh ja, die Collagen gefallen mir auch sehr gut.

jueb hat gesagt…

Freut mich :-)