Samstag, 25. Juli 2009

Legale Ausbeutung

Die Konservativen geben keine Ruhe. Das von der Justizministerin Brigitte Zypries geplante Ansinnen, Homosexuellen das volle Adoptionsrecht zu gewähren, wird von CDU/CSU abgelehnt. Es ziele bloß auf die Selbstverwirklichung von Schwulen und Lesben, mault Unions-Fraktionschef Volker Kauder, nicht aber auf das Wohl der Kinder. Als wenn das ein Widerspruch wäre, sich selbst zu verwirklichen, indem man eine Familie aufbaut! Im Übrigen: sollten sich Schwule und Lesben nicht ebenso selbstverwirklichen dürfen wie alle anderen Menschen auch?

Wenn behauptet wird, dass Kinder, die von schwulen oder lesbischen Paaren groß gezogen werden, Nachteile in der Entwicklung haben (was nach derzeitigen Erkenntnissen nicht der Fall ist), könnte man in letzter Konsequenz auch allein erziehenden Müttern die Erziehungskompetenz absprechen, ja ihnen am besten gleich die Brut wegnehmen – zum Wohle des Kindes. Dann müsste beispielsweise auch Horst Seehofers Gespielin (die Büroleiterin des CDU-Kollegen Laurenz Meyer), ihr Kindlein wieder hergeben. Doch wohin damit? Da der Apfel ja niemals zu weit vom Stamm fallen sollte, wie der Konservative weiß, wäre es gewiss im Sinne der CSU-Familienpolitik, den Bastard in die offizielle Sippe des bayerischen Ministerpräsidenten zu überführen. Die couragierte Karin Seehofer würde auch das noch verkraften, und mit der Patchworkfamilie, die sich da bildete, könnten die Seehofers auch noch das Zepter des gesellschaftlichen Fortschritts schwenken.

Aber im Ernst. Homosexuelle dürfen ja sogar heiraten! Was wollen die eigentlich noch alles haben? Antwort: Gleichberechtigung. Doch bis dahin ist es auch im Jahre 2009 noch ein weiter Weg. Die so genannte eingetragene Lebenspartnerschaft, die gleichgeschlechtliche Paare seit 2001 eingehen dürfen, bringt nämlich nur eines: finanzielle Nachteile. Mit jeder eingetragenen Lebenspartnerschaft spart der Staat Geld.


Mittwoch, 15. Juli 2009

Danke für die Titt'n

Sascha Lobo, inoffizieller Vorstand der digitalen Bohème und landesweites Vorbild unabhängigen Bloggens, wirbt neuerdings für ein Mobilfunkunternehmen. Gegenüber enttäuschten Fans und anderen Neidhammeln verteidigt er sein Engagement im aktuellen Vodafone-Spot – Zielgruppe „Generation Upload“ - mit dem Hinweis, dass er ohnehin schon immer für die Werbung gearbeitet hätte und zudem iPhones von anderen Anbietern besäße. Wo läge also das Problem?

Das Problem besteht darin, dass sobald genug Euroscheine winken, geistige Unabhängigkeit und Haltung in den Urlaub fahren. Aber auch der muss ja erstmal finanziert werden. Noch schlimmer ist es bei der BILD-Zeitung, da geht solcher Ethos schon ohne Bestechungsgeld flöten. Prominente wie Veronica Ferres, Katharina Witt oder Johannes Kerner werben derzeit auf Litfasssäulen für das Boulevardblatt mit der verlockenden Reichweite von 11,5 Millionen Lesern. Dass ihr Honorar einem guten Zweck zufloss, tröstet so wenig, wie die Insiderinformation, dass von gut 2000 angeschriebenen Prominenten nur eine Handvoll dazu bereit war, bei der Kampagne „Ihre Meinung zu Bild?“ mitzumachen.

Wie sie sich nun dabei spreizen, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, sie würden sich Deutschlands Schmutzblatt Nummer Eins anbiedern, es aber letztendlich doch tun, ist grauenerregend verlogen. Kerner, noch TV-Onkel des Öffentlich-Rechtlichen (er wechselt 2010 zum Privatsender Sat 1, hat also nichts mehr zu verlieren) mahnt, er wünsche sich von BILD „etwas mehr Bildung und weniger Meinung“.

Ehrlicher ist da schon die Antwort des Rappers Sido (der allerdings seinen Ruf des Provokateurs gerecht werden muss): „Danke für die Titt’n“