Mittwoch, 3. Februar 2010

"brush up my english" (1) oder "delete"


Mein Englisch ist miserabel, andererseits aber auch nicht so schlecht, dass ich gar nichts verstünde. Turnusmäßig überfällt mich also der Wahn, ich müsste ein Buch in dieser Sprache lesen, natürlich ein besonderes, denn wenn schon, denn schon. Bewaffnet mit
Wörterbuch und Notizheftchen, in das ich buchhalterisch korrekt wegweisend wichtige Vokabeln hineinschreibe.

Und dieses Buch, noch nicht ins Deutsche übersetzt, ist eine echte Perle, und die Motivation es durchzuackern groß, denn das Thema müsste allen Internet-Junkies unter den Fingernägeln brennen. Seit Jahrtausenden, so Viktor Mayer-Schönberger, seien Menschen darauf programmiert, das meiste zu vergessen: Erlebtes wirke wichtiger, Vergangenes unwichtiger, und diese natürliche Selektion sei auch gut so. Nur wer vergessen kann und immer wieder auch frei ist von der Altlast des Vergangenen, sei in der Lage sich den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen, sprich: schnell und kompetent Entscheidungen zu treffen und zu handeln.

"Vergessen ist Standard, Erinnern die Ausnahme." So war das also bisher. Das Internet hat dies umgekehrt. Im digitalen (Netz)Leben heißt es jetzt: "Nichts geht verloren, es bleibt", eine Losung, die sich Hildegard Knef einst zusammenfantasierte.
Die Folgen sind noch nicht absehbar. Bleiben unsere Jugendsünden jetzt auf ewig abrufbar? Google weiß mehr über uns als wir selbst. Können wir das wollen?



"Delete. The Virtue auf Forgetting in the Digital Age" schließt mit einem schönen Paradox. Vielleicht nicht unbedingt beim Sprachen lernen - aber ansonsten gilt: Wir sollen wieder vergessen dürfen! Das Vergessen als Kulturleistung muss wieder in Erinnerung gerufen werden. Und Daten im Internet brauchen wie jedes gute Joghurt ein Verfallsdatum.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich liebe Menschen, die vier Adjektive sinnvoll hintereinander schalten können :-)

Das Thema ist wirklich spannend. Ich denke, es werden sich Institutionen bzw. Verfahren des Vergessens herausbilden. Laß uns mal beim Kaffee genauer drüber reden!