Ja, ich erinnere mich: In der Schule saß ich immer vorne, Ausdruck meines außergewöhnlichen Ehrgeizes und Eifers , hieß es. Im Gymnasium war ich in Englisch und Französisch vorbildlich, allein beim Diktat haperte es. Mit Abschreiben kompensierte ich, bis man mir das Blatt wegnehmen wollte. Die Französischlehrerin (über ihre Aussprache wurde in der Klasse übrigens ebenso gelästert wie über meine) duellierte sich mit mir. Wir standen uns gegenüber wie David dem Goliath. Sie zog am einen Ende meiner Schularbeit, ich am anderen, keiner wollte nachgeben. Schließlich ließ ich los, rannte aus dem Zimmer und schlug die Türe zu. Frau Schühlein (sie hieß wirklich so und liest vielleicht mit: Hallo, Frau Schühlein!) folgte mir auf den Gang (jetzt konnten alle anderen abschreiben) und befahl mir zurückzukommen (sie dachte wohl, ich würde aus dem Fenster springen, dabei waren wir im Parterre). Ich sträubte mich zwei, drei Minuten, bis aus ihrer Wut ein sanftes Betteln wurde, dann ging ich mit ihr zurück.
Übermäßig stolz bin ich auf solche Schulepisoden nicht - aber sie erklären einiges.
2 Kommentare:
"Ausdruck meines außergewöhnlichen Ehrgeizes und Eifers , hieß es."
Hast Du das damals selber geglaubt? Interessiert mich nur mal so, Deine Formulierung ist ja sehr distanziert.
Geglaubt habe ich dabei damals wohl nichts. Hab's einfach so gemacht, weil's mir nicht besser einfiel. Wo Du Recht hast, die Formulierung ist distanziert. Ich glaube, das kommt daher, weil ich mich jetzt absetzen möchte von einer bestimmten Form des blindwütigen Ehrgeizes. Hätte ich damals schon "begriffen", dass ich schwerhörig bin, hätte ich mir sagen können, Diktat kann ich nicht so dolle, liegt aber nicht an mir, dann hätte ich weniger Druck gehabt...
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