Es war das Erfolgsrezept von Franz Kafka, dem vielleicht großartigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Stets war er eindeutig mehrdeutig und deshalb den Machthabern in autoritären Regimen vielfach ein Dorn im Auge. Seine Mehrdeutigkeit war so ausgefuchst präzise, dass man Kafka nirgendwo eindeutig instrumentalisieren konnte. Nun höre ich manchmal von Lesern, sie hätten den Schluss eines Romans oder einer Geschichte nicht verstanden, was sie dann hörbar missgelaunt dem Autor in die Schuhe schieben. Oft genug ist das ein Irrtum. Ein sehr schöner Irrtum!
Denn in der Regel haben diese Leser den Roman sehr wohl verstanden, nur sind sie unangenehm berührt, weil der Autor ihnen ein offenes oder zumindest zweideutiges Ende aufgetischt hat. So aber möchte man ungern von einer erzählten Geschichte scheiden, wenigstens zum Schluss werden klare Verhältnisse gewünscht, und kein Ausgang voller Irritationen oder Doppeldeutigkeiten. So erklärt sich wohl auch die kulturübergreifende Vorliebe fürs Happy-End. Hier steckt das Ende auch noch in Zuckerwatte fest.
Lernen kann man da vom Märchen: "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute", heisst es da. Eindeutig ist das Ende auch hier nicht. Aber ich habe es verstanden.
2 Kommentare:
Der Spruch stammt aus einem Essay über Paul Celans "Sprachgitter", wo es heißt:
"Die Segmente sauberer logischer Klärung gleichen den vielen Gliedern der nackten listigen Schlange. Das Eindeutige ist fad wie der Tod, es ist die Todsünde einer meisterhaften Leistung, wohl kaum prägnanter geschehen, als in der deutschgeschichtlichen Rezeption des aristotelischen Weltbildes."
Zu finden auf http://www.w-studio.ch/paulcela.html
Sprüchetante Viola Beer findet jedes Zitat ;-)
Na, wenn das keine grandiose Ergänzung meines Blogs ist!
Es verneigt sich in Ehrerbietung
jueb
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